Im Jahr 2016 haben die Staatsanwaltschaften der Republik Österreich 1828 Verfahren nach dem verfassungs- und menschenrechtswidrigen Verbotsgesetz und dem menschenrechtswidrigen Verhetzungsparagraphen geführt. Für das Jahr 2017 liegen die Zahlen noch nicht vor, doch eine eifrige Antifaschistin, die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz, hat am 1.3.2018 eine parlamentarische Anfrage hierzu gestellt. Bis 1.5.2018 hat man im Justizministerium Zeit die Anfrage zu beantworten. Eines ist klar: Die Denunzianten feiern fröhlich Urständ!
Doch was sind das überhaupt für Gesetze, die den Staatsanwaltschaften quer durchs Land so viel Arbeit bereiten?
Einerseits wäre da wie bereits erwähnt das am 8.5.1945 erlassene Verfassungsgesetz über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz). Die Stammfassung des Verbotsgesetzes war als zeitlich und personell begrenztes Ausnahmegesetz konzipiert, was der besonderen Situation des Jahres 1945 geschuldet war. Ein Großteil der Bestimmungen ist heute nicht mehr in Geltung. Die durch das Nationalsozialistengesetz vom 6.2.1947 eingefügten Strafbestimmung und die Formulierung des auch heute noch am häufigsten zur Anwendung kommenden § 3g dieses Gesetzes, der als Generalklausel konzipiert ist, sind zutiefst menschenrechtswidrig und verletzten obendrein das rechtsstaatliche Prinzip in seinem Wesenskern. Selbst der Oberste Gerichtshof entschied anlässlich einer nicht öffentlichen Verhandlung über eine Nichtigkeitsbeschwerde (12 Os 29/92 – 7) die „subsidiäre Strafvorschrift“ des § 3g Verbotsgesetz hätte eine „dürftige Kontourierung (sic!) ihres gesetzlichen Tatbilds“.
Dem schließen sich auch Universitätsprofessoren an, so zum Beispiel Univ.-Prof. Dr. Theodor Rittler, welcher zu einem vernichtenden Urteil kommt. Für ihn ist der § 3g Verbotsgesetz von „größter Unbestimmtheit und uferloser Weite, man kann sagen: Ohne Tatbild“. Es ist bezeichnend, dass gerade nach dieser Bestimmung die meisten politischen Prozesse in Österreich geführt werden.
Der kürzlich verstorbene Rechtsanwalt Dr. Herbert Schaller hat in einem Gastkommentar in der „Wiener Zeitung“ folgendes gesagt:
„Seit der Aufklärung gelten für das abendländische Strafrecht drei unverzichtbare Grundsätze: Erstens ist immer auch die andere Seite zu hören, bevor man ein Urteil fällt; zweitens darf man sachliche Meinungsäußerungen zwar bekämpfen, aber nicht strafrechtlich verbieten; und drittens müssen Richter frei, unabhängig, nur ihrer Aktenkenntnis und Rechtsmeinung verpflichtet, urteilen dürfen.“
Bei einem politischen Prozess sind diese drei Grundsätze bis ins Gegenteil verkehrt. Anstatt dem Grundsatz audiatur et altera pars gerecht zu werden, werden angeklagte Dissidenten mit neuen Verfahren bedroht, wenn sie Beweise vorbringen möchten. Als im Jahre 2009 gegen den Revisionisten Gerd Honsik am Wiener Straflandesgericht verhandelt wurde, stand ihm der erwähnte Dr. Schaller als Verteidiger zur Seite. Selbst ihm drohte man einen Prozess an, weil er es wagte seinem Mandanten als Organ der Rechtspflege zur Seite zu stehen!
Das führt uns bereits zum zweiten oben erwähnten Punkt. In Prozessen nach dem Verbotsgesetz wird eine sachliche Meinungsäußerung strafrechtlich verboten. Selbst den Verteidigern wird unter Strafandrohung verboten Zeitzeugen zu zitieren, wenn sie dem herrschenden Zeitgeist widersprechen.
Der dritte Punkt, nämlich die richterliche Unabhängigkeit, ist in politischen Prozessen überhaupt nicht gegeben. Bei einem politischen Prozess wird nur so getan, als wäre dies eine wirkliche Gerichtsverhandlung. In Wahrheit kann der Angeklagte höchstens gegen eine Wand reden, während der Richter ihn belächelt oder niederschreit. Das Urteil steht dank der von Stimmungsmache triefenden Anklageschriften der politisch weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften und der veröffentlichten Erwartungen ohnedies immer schon fest. Während das Gericht in gewöhnlichen Prozessen die Schuld des Angeklagten beweisen muss, muss der Angeklagte in politischen Prozessen nach dem Verbotsgesetz die Geschworenen von seiner Unschuld überzeugen. Dass das durch die Verletzung des audiatur et altera pars-Grundsatzes im Zusammenhang mit den Beweisthemenverboten schier unmöglich ist, liegt auf der Hand.
Ähnlich verhält es sich auch bei Prozessen nach dem Verhetzungsparagraphen. Nachdem 1945 das Strafgesetz 1852 als Strafgesetz 1945 wieder kundgemacht wurde, dauerte es bis zu einer kompletten Neukodifizierung der mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen samt in Kraft treten bis zum 1.1.1975 – seither ist unser Rechtsbestand um den Verhetzungsparagraphen, § 283 StGB, reicher. Verschärft wurde § 283 StGB zuletzt durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2015.
Wie auch beim Verbotsgesetz ist die Wahrheitsfrage kein Kriterium des Verhetzungsparagraphen. Ein besonders anschauliches Beispiel lässt sich im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts finden. In der Entscheidung 15 Os 40/15v des OGH lesen wir zu Anklagepunkt II.C. folgendes:
Der dänische Student Leon M. hat in Wien „jeweils für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine nach den Kriterien der Religion, der Rasse, der Hautfarbe bzw. der Abstammung definierte Gruppe von Personen gehetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen gesucht, und zwar im Jahr 2013 gegen Personen ‘negroider Abstammung’, indem er auf dem Facebook-Account ‘Leon M*****’ eine Weltkarte veröffentlichte, auf welcher insbesondere afrikanische Staaten dunkel gekennzeichnet sind und er daneben postete: ‘Durchschnittlicher IQ nach Land. In den rotgefärbten Ländern herrscht im Durchschnitt mentale Retardierung (IQ kleiner 70). Wie man sieht ist dies also in fast allen Ländern mit einer hauptsächlich negroiden Bevölkerung der Fall’.“
Der OGH hat hierzu wie folgt ausgeführt: „Das Vorbringen zu II.C., der Angeklagte habe nur wissenschaftliche Studien ohne eigene Wertung zitiert, hält ebenso nicht am Wahrspruch in objektiver und subjektiver Hinsicht fest (‘gehetzt’, ‘beschimpft’).“
Ohne die erwähnten „wissenschaftlichen Studien“ zu kennen und den Wahrheitsgehalt der Aussage des Leon M. beurteilen zu können muss festgehalten werden, dass der Wahrheitsfrage im Rechtsmittelverfahren keinerlei Bedeutung zugemessen wurde!
Doch das alles sind nicht die einzigen Besonderheiten in politischen Prozessen. Da die Geschworenen (in Verbotsgesetzverfahren) oder die Berufsrichter (in Verhetzungsverfahren) in den meisten Fällen die Anklagen der Staatsanwaltschaft abnicken, sind die Angeklagten oftmals auf verlorenem Posten. Im Wissen darum macht sich die Strafjustiz nicht einmal mehr die Mühe sich auf die Prozesse ordnungsgemäß vorzubereiten. Zwei besonders krasse Fälle fanden in der Vorwoche statt.
Hier ist zum einen auf den Verbotsgesetzprozess gegen Richard P. zu verweisen. P. wird vorgeworfen seit 21.3.2009 als Administrator für www.alpen-donau.info tätig gewesen zu sein. Der Prozess gegen ihn hat am 13.3.2018 vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien stattgefunden und endete, wie einem Artikel der Tageszeitung „Kurier“ zu entnehmen ist, abrupt da die Geschworenenbank falsch besetzt war.
In der Printausgabe vom 14.3.2018 (siehe Bild oben) lesen wir einen Kommentar von Ricardo Peyerl. Dieser führt aus, dass „weder der Staatsanwältin, die die Anklageschrift verfasst hat, noch dem Oberlandesgericht, das die Anklageschrift geprüft hat, noch dem Landesgericht, das den Senat zusammengestellt hat“ aufgefallen war, dass P. unter das Jugendgerichtsgesetz fällt.
Wie konnte das passieren? Uns liegt eine Kopie des Aktes 333 HR 340/10k vor. Unter dieser Zahl liefen am Landesgericht für Strafsachen Wien Ermittlungen gegen mehr als 30 Personen rund um www.alpen-donau.info und dort war das Verfahren gegen P. ganz klar als Jugendstrafsache gekennzeichnet.
Hier hat man sich ganz offensichtlich nicht einmal die Mühe gemacht den Akt zu lesen!
Das zweite angesprochene Verfahren fand gegen 17 Personen die der Identitären Bewegung zugerechnet werden statt. Diese mussten sich vor dem Bezirksgericht Baden verantworten, da sie im April 2016 eine Aufführung von Elfriede Jelineks Stück „Die Schutzbefohlenen“ durch Pseudoasylanten im Audimax der Uni Wien kreativ umgestaltet hatten. Der Strafantrag lautete auf „Verhinderung oder Störung einer Versammlung“ nach § 285 StGB.
In der Republik Österreich werden Strafanträge vor Bezirksgerichten von sogenannten Bezirksanwälten vertreten. Diese sind keine ausgebildeten Juristen, sondern absolvieren lediglich juristische Grundkurse. Organisatorisch unterliegen sie der Kontrolle eines Staatsanwaltes. Da jedoch selbst die ausgebildeten Juristen der Strafjustiz – siehe oben – entweder nicht sattelfest oder stinkfaul sind, wissen wir nicht ob nun der Bezirksanwalt im Verfahren gegen die Identitären übereifrig und unbeaufsichtigt agiert hat, oder aber der ihm übergeordnete Staatsanwalt nichts von seinem Fach versteht.
Sicher ist jedenfalls, dass die Identitären freigesprochen wurden. Nicht aber weil man am Bezirksgericht Baden große Freude mit ihnen hatte, sondern weil Zusammenkünfte, deren Zweck ausschließlich in der Unterhaltung (Theater, Konzert, Filmvorführung, Sport, Tanz udgl.) besteht, keine Versammlungen im Rechtssinn sind! Das hätte man mit weiteren Nachweisen im Standardwerk zum Strafgesetzbuch, dem „Wiener Kommentar“, nachlesen können. Die unfähige Justiz hat es entweder nicht getan, oder man hat wider besseren Wissens einen Prozess gegen (Schein-)Oppositionelle angestrengt. Beides ist eines Rechtsstaats unwürdig.